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1988

8. Schließung des letzten Volksbads

Um 1980: Das Volksbad muss saniert werden

Bereits Ende der 1960er Jah­re wur­den von der Stadt Män­gel im Volks­bad Neckar­stadt fest­ge­stellt: so blät­ter­te etwa hier Putz von den Wän­den oder es ros­te­ten dort Metall­git­ter. Sol­che Beschä­di­gun­gen ver­wun­der­ten kaum, da seit der Eröff­nung 1931 kei­ne wesent­li­chen Instand­set­zun­gen im Bad vor­ge­nom­men wor­den waren. Das Sport- und Bäder­amt bemüh­te sich daher mehr­mals Gel­der für eine Sanie­rung zu erhalten.

Die Stadt­ver­wal­tung lehn­te Mit­tel für das Volks­bad Neckar­stadt aller­dings ab. Denn die rei­ne öffent­li­che Hygie­ne­an­stalt war unren­ta­bel und schien immer weni­ger nach­ge­fragt zu wer­den – 1976 waren daher bereits zehn Volks­bä­der geschlos­sen wor­den. Das Volks­bad Neckar­stadt war wei­ter­hin gut besucht und blieb daher geöff­net (1).

(1) Ein sel­te­nes Foto der Volks­bad-Gäs­te, die 1959 noch gedul­dig für den Bade­be­such Schlan­ge stan­den und sogar län­ge­re Öff­nungs­zei­ten for­der­ten.1

Aller­dings muss­te der Bäder­be­trieb 1979 wegen der anhal­ten­den Pro­ble­me auf 27 Duschen und 12 Wan­nen redu­ziert wer­den – defek­te Kabi­nen wur­den ein­fach geschlossen.

Nach drei Jah­ren im redu­zier­ten Betrieb woll­te die Stadt das Volks­bad Neckar­stadt end­gül­tig schlie­ßen. Denn auch hier waren die Besuchs­zah­len zurück gegan­gen. Jedoch stan­den die­sen wirt­schaft­li­chen Über­le­gun­gen sozia­le Aspek­te gegen­über: Ins­be­son­de­re weni­ger wohl­ha­ben­de Bürger:innen, wie Rentner:innen und Migrant:innen, waren wei­ter­hin auf das Volks­bad ange­wie­sen: Anfang der 1980er Jah­re hat­ten noch 40% der Neckarstädter:innen kein eige­nes Bad in ihrer Woh­nung. Um die Situa­ti­on für sol­che Bürger:innen nicht zu ver­schär­fen, lehn­te der Sozi­al­aus­schuss die Schlie­ßung des letz­ten Volks­bads ab.

1983: „Altes“ Volksbad wird teilweise flott gemacht

Die sozia­len Appel­le waren erfolg­reich: Im März 1983 wur­de das Volks­bad kurz­zei­tig geschlos­sen, um zumin­dest drin­gen­de Sanie­rungs­ar­bei­ten durch­zu­füh­ren. So wur­den die 50 Jah­re alten Strom- und Was­ser­lei­tun­gen erneu­ert. Außer­dem wur­den wenigs­tens im „Her­ren­trakt“ eine Lüf­tungs­an­la­ge und sechs neue Wan­nen instal­liert. Bei der Wie­der­eröff­nung sechs Mona­te spä­ter wur­den sogar die wöchent­li­chen Öff­nungs­zei­ten von zwei auf vier Tage aus­ge­wei­tet. Die Stadt war mit dem teil­wei­se moder­ni­sier­ten Bad zufrie­den, sodass Bür­ger­meis­ter David dem lang­jäh­ri­gen Bade­meis­ter Fri­do­lin Jacob zu des­sen Dienst­ju­bi­lä­um 1985 eine Cham­pa­gner­du­sche aus einem der neu­en Dusch­köp­fe spen­die­ren werde.

(2) Der Her­ren­trakt erhielt 1983 u.a. eine neue Belüf­tung, Wan­nen und Türen. Zufrie­den nahm Bür­ger­meis­ter David das sanier­te Volks­bad mit dem Bade­meis­ter-Ehe­paar Fri­do­lin und Hil­de­gard Jacob ab.2

1988: Endgültige Schließung des letzten Mannheimer Volksbads

Trotz Moder­ni­sie­rung san­ken die Besuchs­zah­len wei­ter (3). Daher beschloss der Gemein­de­rat im Novem­ber 1988 das Volks­bad Neckar­stadt aus wirt­schaft­li­chen Grün­den zu schlie­ßen. Jeder Bade­be­such ver­ur­sa­che Kos­ten von etwa 27 DM, von denen nur 2 DM durch die Besucher:innen ein­ge­nom­men wur­den. Am 31. Dezem­ber 1988 schloss das letz­te Volks­bad Mann­heims sei­ne Türen. Badebesucher:innen wur­den auf das Her­schel­bad ver­wie­sen und Bade­meis­ter Frie­do­lin Jacob wur­de eine ande­re Arbeit zuge­wie­sen (4).

(3) Inter­ne Sta­tis­tik über die Besuchs­ent­wick­lung im Volks­bad Neckar­stadt 1976–1987. Die Besuchs­zah­len san­ken ste­tig und damit auch die Aus­las­tung des Bads.3
(4) Obwohl ab 1989 nicht mehr im Volks­bad geba­det wird, erzäh­len auch heu­te noch die Bade­zei­ten am Ein­gangs­tor von der lan­gen Bäder­ge­schich­te – auch wenn sie zwi­schen den Sti­ckern erst gefun­den wer­den muss.4

Tran­skript des Aus­hangs vom Sport- und Bäder­amt Mann­heim anläss­lich der Schlie­ßung des Volks­bads Neckar­stadt zum 1. Janu­ar 1989:5

Mann­heim, 21.12.1988

Sehr geehr­te Bade­gäs­te,

Der Gemein­de­rat der Stadt Mann­heim hat in sei­ner Sit­zung am 20.12.1988 die Schlie­ßung des Volks­ba­des Neckarstadt

ab 01.01.1989

beschlos­sen.

Aber dies ist kein Grund zur Sor­ge, denn das Her­schel­bad steht Ihnen mit sei­nen Wan­nen­bä­dern wie bis­her zu fol­gen­den Öff­nungs­zei­ten zur Verfügung:

Mon­tag – Sams­tag von 07:00 – 18:00 Uhr

Kas­sen­schluß ist jeweils um 17:00 Uhr. Natür­lich behal­ten die für das Volks­bad Neckar­stadt erwor­be­nen 6er-Ein­tritts­kar­ten ihre Gül­tig­keit und kön­nen im Her­schel­bad auf­ge­braucht wer­den (Wan­nen).

Das Sport- u. Bäder­amt bit­tet um Ihr Ver­ständ­nis und hofft, daß Sie in Zukunft unser Ange­bot an Wan­nen­bä­dern im Her­schel­bad nutzen.

Wir wün­schen Ihnen fro­he Weih­nach­ten, ein gutes neu­es Jahr und verbleiben

mit freund­li­chen Grüßen

Ihr
Sport- und Bäderamt

Abbildungsnachweise

  1. „Bade­gäs­te wün­schen: Sams­tags frü­her öff­nen“, in: Mann­hei­mer Mor­gen vom 18.4.1959 (Nr. 89), S. 7. ↩︎
  2. „Öffent­li­ches Bad nach wie vor not­wen­dig“, in: Rhein-Neckar-Zei­tung vom 2.12.1983 (Nr. 278). ↩︎
  3. Beschluss-Vor­la­ge vom Ober­bür­ger­meis­ter an den Gemein­de­rat Nr. 780/88 (Akten­zei­chen: 5274.23.03) vom 27.10.1988, Betreff: Schlie­ßung Volks­bad Neckar­stadt, Anla­ge 1, S. 5. ↩︎
  4. Pri­vat (Lukas Kraus), 2024. ↩︎
  5. Pri­vat­ar­chiv Geschichts­werk­statt Neckar­stadt e.V. ↩︎