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Jugendliche beim Skaten in der Neckarstadt

NECKARSTADT
Von den Neckargärten zum vielfältigen Stadtteil Mannheims

Die Neckar­stadt ist eins der leben­digs­ten Vier­tel in Mann­heim. Doch nur weni­ge Bewoh­ner des Stadt­vier­tels ken­nen die Geschich­te, die zu sei­ner Ent­ste­hung bei­getra­gen hat. Wir haben die wich­tigs­ten Infor­ma­tio­nen zusammengetragen.

Ost oder West – ein Stadtteil mit Geschichte

Die Geschich­te Mann­heims als Stadt begann am 24. Janu­ar 1607 als Kur­fürst Fried­rich IV. von der Pfalz Stadt­pri­vi­le­gi­en erhielt. Die Bebau­ung durch Fes­tungs­an­la­gen fand zunächst in unmit­tel­ba­rer Nähe der Neckar­mün­dung zwi­schen Neckar und Rhein statt. Die städ­te­bau­li­che Erschlie­ßung des nörd­li­chen Neckar­ufers erfolg­te erst 250 Jah­re spä­ter und ent­wi­ckel­te sich öst­lich und west­lich der Neckar­que­rung sehr unterschied­lich. Das ist der Grund, wes­halb sich heu­te die neu ent­stan­de­nen Stadt­be­zir­ke in Neckar­stadt-Ost und Neckar­stadt-West gliedern.

Neckarstadt-West

In den Neckar­gär­ten begann die Geschich­te des heu­ti­gen Stadt­teils Neckar­stadt-West: Mit einem Reskript des Kur­fürs­ten Karl Lud­wig (1617–1680) vom 4. Janu­ar 1679 wur­de Mann­hei­mer Bür­gern ihr Ansu­chen geneh­migt, im All­mend­di­strikt „Pflü­gers­grund“ eine Gar­ten­an­la­ge zu errich­ten. Die­se wur­de zu einem Minia­tur­ab­bild der Quadrate­stadt, geteilt von zwei als Mit­tel­ach­sen ange­leg­ten Haupt­we­gen, und dien­te den Städ­tern als belieb­tes Sommer­refugium. Nach Schlei­fung der Festungs­bauten ab 1799 und vor allem ab Mit­te des 19. Jahr­hun­derts beher­berg­ten die eins­ti­gen Gar­ten­häu­ser zuneh­mend Arbei­ter, die bei den in der Nach­bar­schaft wach­sen­den Indus­trie­be­trie­ben beschäf­tigt waren.

In Fol­ge waren die Behör­den von der Ent­wick­lung des Wild­wuch­ses anfangs über­for­dert und die Not­wen­dig­keit städ­te­bau­li­cher Rege­lun­gen setz­te sich erst spät durch. Eine Bau­ord­nung von 1890 schei­ter­te an den Eigentums­verhältnissen, wodurch sich die schma­len Garten­gassen bis heu­te erhal­ten haben.

Der explo­si­ve Bevölkerungs­zuwachs der Jah­re 1895 bis 1900, der Bau des Indus­trie­ha­fens, die Expan­si­on von Han­del und Indus­trie präg­ten dau­er­haft das Bild der Neckar­vor­stadt, wie der Stadt­teil lan­ge genannt wurde.

Die Wohn­be­bau­ung war dann etwa 1914 weit­ge­hend abge­schlos­sen. 1926–1927 wur­de die Erlen­hof­sied­lung errich­tet. Vom Krieg rela­tiv unzer­stört weist der Stadt­teil den größ­ten Bestand an Grün­der­zeit­häu­sern in ganz Mann­heim auf. Die ehe­ma­li­ge Num­me­rie­rung ist heu­te noch in den Stra­ßen­na­men „Zehnt­stra­ße“ (10. Quer­stra­ße) und „Elfen­stra­ße“ (11. Quer­stra­ße) sowie im Volks­mund „Neun­zehn­te“ für die Lupi­nen­stra­ße erhalten.

Karte der Neckar-Vorstadt
Neckar-Vor­stadt in 1890

Neckarstadt-Ost

Im Pfäl­zi­schen Erb­fol­ge­krieg wur­de Mann­heim 1689 zer­stört und die Ein­woh­ner muss­ten flie­hen. Weni­ge der Ver­trie­be­nen lie­ßen sich jen­seits des Neckars auf den Sand­hü­geln (im „Wohl­ge­le­gen“) nie­der, nann­ten ihre Nie­der­las­sung „Neu-Mann­heim“ und fris­te­ten in ärm­li­chen Hüt­ten ein küm­mer­li­ches Leben. Nach Ände­rung der Lage ris­sen sie 1699 ihr  Hüt­ten nie­der und zogen wie­der in die Stadt. Dies hat­te aller­dings kei­ne Aus­wir­kung auf die Ent­wick­lung der heu­ti­gen Neckarstadt-Ost.

1827 grün­de­te Pao­lo Giu­li­ni nörd­lich des Neckars auf dem Gro­hof im „Wohl­ge­le­gen“ eine che­mi­sche Fabrik, die 1854 im Ver­ein che­mi­scher Fabri­ken auf­ging. 1842 wur­de angren­zend der neue Haupt­fried­hof jen­seits des Neckars sei­ner Bestim­mung übergeben. 

In den 1870er Jah­ren wur­de an der Käfer­ta­ler Stra­ße auf dem Gelän­de, das zuvor nur als unter­ir­di­sches Bier­la­ger genutzt wor­den war, eine Braue­rei errich­tet, ein Vor­läu­fer der heu­ti­gen Eich­baum-Braue­rei. 1901 zog das Gre­na­dier­re­gi­ment 110 in die neue Kai­ser-Wil­helm-Kaser­ne (nach 1945 US-Kaser­ne Tur­ley Bar­racks) auf dem frü­he­ren Exer­zier­platz ein.

Ver­ein che­mi­scher Fabriken

Im Früh­jahr 1902 erhiel­ten die Stra­ßen im ehe­ma­li­gen Gewann Lan­ge Röt­ter im Rah­men der begin­nen­den Wohn­be­bau­ung ihre Namen. Als wei­te­res folg­te ein Wohn­ge­biet im Bereich zwi­schen Braue­rei und Kaser­ne. Das Lan­des­ge­fäng­nis (Jus­tiz­voll­zugs­an­stalt Mann­heim) wur­de 1909 fer­tig­ge­stellt. Der Bau der „Städ­ti­schen Kran­ken­an­stal­ten“ (heu­te Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Mann­heim) im bis­he­ri­gen Neckar­park zog sich nach 1910 über Jah­re hin und wur­de erst 1922 bezo­gen, der Neckar­park bereits 1917 als öffent­li­che Anla­ge geschlos­sen. 1913 wur­de die Uhland­schu­le fer­tig­ge­stellt, 1923 dane­ben die Melanchthonkirche.

Nach 1922 erfolg­te der Aus­bau des Neckar­ufers ober­halb der Fried­richs­brü­cke (heu­te Kur­pfalz­brü­cke) und die Errich­tung von 200 Woh­nun­gen auf dem Gewann Schaf­wei­de. 1926 wur­de die Fried­rich-Ebert-Brü­cke eröff­net. 1963 erfolg­te der Umzug der Mann­hei­mer Mess auf den „Neu­en Meß­platz“, nach­dem die­se seit 1876 auf dem „Alten Meß­platz“ statt­ge­fun­den hat­te. Mit­te der 1970er Jah­re wur­de die Her­zo­gen­ried-Sied­lung in zeit­li­chem und räum­li­chem Zusam­men­hang mit der Bundes­gartenschau 1975 am Her­zo­gen­ried­park erbaut, der etap­pen­wei­se ab 1928 errich­tet wor­den war. Mit dem Abzug der US-Streit­kräf­te wur­de 2007 die Tur­ley-Kaser­ne auf­ge­ge­ben und ist Bestand­teil der Konversionsmaßnahmen.

Literatur