2. Von Wasser- und Bädermangel
Wer heute badet, tut dies meist im eigenen Bad zu Hause. Das war nicht immer so: Diese öffentliche Badeanstalt bot Vielen die einzige Bademöglichkeit. Denn die Wasserversorgung in der vorindustriellen Stadt war mühsam. Und die Notwendigkeit eines Badezimmers gab es lange nicht, weil krankmachende Keime noch unbekannt waren.
Mannheims Wassernot
Trotz seiner Lage an zwei Flüssen litt Mannheim lange unter schlechter Wasserqualität. Besonders im Sommer förderten die städtischen Brunnen nur eine übelriechende Brühe, die Krankheiten und Tote zur Folge hatte. Echtes Trinkwasser war kostbar und musste mühsam andernorts beschafft werden. Eine geregelte Wasserversorgung erhielt die Stadt erst Ende des 19. Jahrhunderts, als Trinkwasser aus dem Käfertaler Wald gefördert und über ein stadtweites Kanalnetz verbreitet wurde. Mit dem dafür nötigen Wasserturm setzte Mannheim seiner neu geregelten Wasserversorgung 1889 sogar ein Wahrzeichen (1).
Europäische Badegeschichte: Baden unüblich
Aufgrund der problematischen Wasserversorgung, war regelmäßiges Baden in Europa lange unüblich. Nachdem die Thermen der Antike und mittelalterlichen Badehäsuer (2) aufgegeben wurden, beschränkte sich die Körperpflege meist auf die „Katzenwäsche“ mit Waschschüssel (3).
Erst im 18. Jahrhundert etablierten sich Flussbäder – das erste Deutschlands sogar ab 1777 mit dem Mannheimer Rheinbad (4+5). Hier kühlte sich die Bevölkerung im Sommer eher ab, anstatt ein Bad zur Körperhygiene zu nehmen. Zeitgleich kamen in den Städten Gesundheitsbäder in Mode. Diese nutzten aufwändig gefiltertes Flusswasser für kostbare Bäder in Mineralien und waren so den Reichen vorbehalten.
Mangelnde Hygiene als Problem im 19. Jahrhundert
Ohne geregelte Wasserversorgung litten die rasch wachsenden Städte der Industrialisierung alle unter Hygieneproblemen. Das Elend wurde etwa in den Cholera-Epidemien der 1830er und 1840er Jahre deutlich. Erste öffentliche Bäder wurden zunächst in Großbritannien erprobt, fanden im deutschen Raum aber erst später Nachahmer. Erst der medizinische Beweis von krankheitserregenden Keimen schuf das Bewusstsein, dass sich jede:r mit Hygiene gegen Krankheiten schützen könne.
Lassars Volksbad (1883)
Prominent forderte der Dermatologe Oskar Lassar den Bau kostengünstiger Volksbäder, die auch Ärmeren eine regelmäßige Badegelegenheit bot. Seine Bäder sollten vor allem günstig sein, damit sie schnell Verbreitung fänden. Sein Prototyp von 1883 war daher aus billigem Wellblech gefertigt und bot Duschen anstelle von Badewannen (6). Die Dusche war eine recht neue Erfindung und eher aus Kasernen bekannt. Mit ihr wurde kein Luxus verbunden, aber sie galt als effizient, da sie weniger Wasser und Zeit benötigte.
Ab 1905: Schwimmbad setzt sich gegen Volksbad durch
Um 1900 hatten viele Städte Volksbäder gebaut. Bald konkurrierten sie aber mit dem Bau von Schwimmbädern, die durch Hygiene und Sport die Gesundheit gleich doppelt förderten. 1905 bevorzugten führende Mediziner in den „Mannheimer Grundsätzen“ daher das Schwimmbad. Die deutlich teureren Hallenbäder – wie das 1920 eröffnete Herscheldbad – blieben zunächst aber Prestigebauten. Bis in die 1950er Jahre wurden in Mannheim neue Volksbäder erbaut.
Unabhängig von der Form trug der öffentliche Bäderbau maßgeblich zur Verbesserung der Gesundheit bei – bis das private Badezimmer Mitte des 20. Jahrhunderts zum Standard wurde. Dagegen sollte das öffentliche Bad nun verstärkt der Freizeit dienen.
Abbildungsvnachweise
- https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Wasserturm_Mannheim_Erstentwurf_von_Halmhuber.jpg ↩︎
- https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/8c/Albrecht_D%C3%BCrer_-_The_Women%27s_Bath_-_WGA7041.jpg ↩︎
- https://de.wikipedia.org/wiki/Badekultur#/media/Datei:Fu%C3%9Fbad_Bonnart.JPG ↩︎
- MARCHIVUM, Alben, AB01439‑5–225a ↩︎
- MARCHIVUM, Alben, AB00882‑2–143 ↩︎
- https://de.wikipedia.org/wiki/Badekultur#/media/Datei:Volksbrausebad.jpg ↩︎