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Hintergrund: 18. bis 20. Jahrhundert

2. Von Wasser- und Bädermangel

Mannheims Wassernot

Trotz sei­ner Lage an zwei Flüs­sen litt Mann­heim lan­ge unter schlech­ter Was­ser­qua­li­tät. Beson­ders im Som­mer för­der­ten die städ­ti­schen Brun­nen nur eine übel­rie­chen­de Brü­he, die Krank­hei­ten und Tote zur Fol­ge hat­te. Ech­tes Trink­was­ser war kost­bar und muss­te müh­sam andern­orts beschafft wer­den. Eine gere­gel­te Was­ser­ver­sor­gung erhielt die Stadt erst Ende des 19. Jahr­hun­derts, als Trink­was­ser aus dem Käfer­ta­ler Wald geför­dert und über ein stadt­wei­tes Kanal­netz ver­brei­tet wur­de. Mit dem dafür nöti­gen Was­ser­turm setz­te Mann­heim sei­ner neu gere­gel­ten Was­ser­ver­sor­gung 1889 sogar ein Wahr­zei­chen (1).

(1) Erst­ent­wurf des Mann­hei­mer Was­ser­turms von Gus­tav Halm­hu­ber1

Europäische Badegeschichte: Baden unüblich

Auf­grund der pro­ble­ma­ti­schen Was­ser­ver­sor­gung, war regel­mä­ßi­ges Baden in Euro­pa lan­ge unüb­lich. Nach­dem die Ther­men der Anti­ke und mit­tel­al­ter­li­chen Bade­hä­suer (2) auf­ge­ge­ben wur­den, beschränk­te sich die Kör­per­pfle­ge meist auf die „Kat­zen­wä­sche“ mit Wasch­schüs­sel (3).

(2) Sze­ne aus einem mit­tel­al­ter­li­chen Bade­haus nach einem Stich von Albrecht Dürer (1496). Im Zuge der Pest wur­den öffent­li­che Bäder auf­ge­ge­ben.2
(3) Im Barock begrenz­te sich die Kör­per­rei­ni­gung auf Wasch­schüs­sel und Lap­pen. Stich von Bon­n­art (1660).3

Erst im 18. Jahr­hun­dert eta­blier­ten sich Fluss­bä­der – das ers­te Deutsch­lands sogar ab 1777 mit dem Mann­hei­mer Rhein­bad (4+5). Hier kühl­te sich die Bevöl­ke­rung im Som­mer eher ab, anstatt ein Bad zur Kör­per­hy­gie­ne zu neh­men. Zeit­gleich kamen in den Städ­ten Gesund­heits­bä­der in Mode. Die­se nutz­ten auf­wän­dig gefil­ter­tes Fluss­was­ser für kost­ba­re Bäder in Mine­ra­li­en und waren so den Rei­chen vorbehalten.

(4) Mann­heim hat­te nicht nur das ers­te deut­sche Fluss­schwimm­bad auf dem Rhein, son­dern betrieb die­se auch bis in die 1970er Jah­re. Hier das Fami­li­en­schwimm­bad Her­weck auf einer Post­kar­te von 1912.4
(5) Ein Schiff fährt am Fluss­schwimm­bad Her­weck vor­bei und schlägt dabei hohe Wel­len. Foto von 1942.5

Mangelnde Hygiene als Problem im 19. Jahrhundert

Ohne gere­gel­te Was­ser­ver­sor­gung lit­ten die rasch wach­sen­den Städ­te der Indus­tria­li­sie­rung alle unter Hygie­ne­pro­ble­men. Das Elend wur­de etwa in den Cho­le­ra-Epi­de­mien der 1830er und 1840er Jah­re deut­lich. Ers­te öffent­li­che Bäder wur­den zunächst in Groß­bri­tan­ni­en erprobt, fan­den im deut­schen Raum aber erst spä­ter Nach­ah­mer. Erst der medi­zi­ni­sche Beweis von krank­heits­er­re­gen­den Kei­men schuf das Bewusst­sein, dass sich jede:r mit Hygie­ne gegen Krank­hei­ten schüt­zen könne.

Lassars Volksbad (1883)

Pro­mi­nent for­der­te der Der­ma­to­lo­ge Oskar Las­sar den Bau kos­ten­güns­ti­ger Volks­bä­der, die auch Ärme­ren eine regel­mä­ßi­ge Bade­ge­le­gen­heit bot. Sei­ne Bäder soll­ten vor allem güns­tig sein, damit sie schnell Ver­brei­tung fän­den. Sein Pro­to­typ von 1883 war daher aus bil­li­gem Well­blech gefer­tigt und bot Duschen anstel­le von Bade­wan­nen (6). Die Dusche war eine recht neue Erfin­dung und eher aus Kaser­nen bekannt. Mit ihr wur­de kein Luxus ver­bun­den, aber sie galt als effi­zi­ent, da sie weni­ger Was­ser und Zeit benötigte.


(6) Am Pro­to­ty­pen des Volks­brau­se­bads von Oskar Las­sar auf der Ber­li­ner Hygie­ne­aus­stel­lung 1883 ori­en­tier­ten sich die spä­te­ren Volks­bä­der.6

Ab 1905: Schwimmbad setzt sich gegen Volksbad durch

Um 1900 hat­ten vie­le Städ­te Volks­bä­der gebaut. Bald kon­kur­rier­ten sie aber mit dem Bau von Schwimm­bä­dern, die durch Hygie­ne und Sport die Gesund­heit gleich dop­pelt för­der­ten. 1905 bevor­zug­ten füh­ren­de Medi­zi­ner in den „Mann­hei­mer Grund­sät­zen“ daher das Schwimm­bad. Die deut­lich teu­re­ren Hal­len­bä­der – wie das 1920 eröff­ne­te Her­scheld­bad – blie­ben zunächst aber Pres­ti­ge­bau­ten. Bis in die 1950er Jah­re wur­den in Mann­heim neue Volks­bä­der erbaut.

Unab­hän­gig von der Form trug der öffent­li­che Bäder­bau maß­geb­lich zur Ver­bes­se­rung der Gesund­heit bei – bis das pri­va­te Bade­zim­mer Mit­te des 20. Jahr­hun­derts zum Stan­dard wur­de. Dage­gen soll­te das öffent­li­che Bad nun ver­stärkt der Frei­zeit dienen.

Abbildungsvnachweise

  1. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Wasserturm_Mannheim_Erstentwurf_von_Halmhuber.jpg ↩︎
  2. https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/8c/Albrecht_D%C3%BCrer_-_The_Women%27s_Bath_-_WGA7041.jpg ↩︎
  3. https://de.wikipedia.org/wiki/Badekultur#/media/Datei:Fu%C3%9Fbad_Bonnart.JPG ↩︎
  4. MARCHIVUM, Alben, AB01439‑5–225a ↩︎
  5. MARCHIVUM, Alben, AB00882‑2–143 ↩︎
  6. https://de.wikipedia.org/wiki/Badekultur#/media/Datei:Volksbrausebad.jpg ↩︎